Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

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Allgemeine Informationen zum Thema Datenschutz bei den Nachrichtendiensten

Der BfDI ist als oberste Bundesbehörde auch für die Aufsicht über den Datenschutz bei den Nachrichtendiensten des Bundes zuständig.
Nachstehend finden sich wesentliche Informationen über das Thema Datenschutz bei den Nachrichtendiensten und die Rolle des BfDI.

Personen arbeiten an Bildschirme
Quelle: ©Gorodenkoff - stock.adobe.com

Welche Nachrichtendienste gibt es in Deutschland?

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es zunächst drei Nachrichtendienste auf Bundesebene. Es handelt sich um das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), das primär für die Aufklärung von extremistischen Bestrebungen, die im Inland agieren, aber auch für die Spionageabwehr zuständig ist. Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) ist für extremistische Bestrebungen und die Spionageabwehr innerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung - vereinfacht gesagt innerhalb der Bundeswehr - zuständig. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist der Auslandsnachrichtendienst und bündelt die politische, wirtschaftliche und militärische Auslandsaufklärung.

Neben diesen drei Nachrichtendiensten gibt es noch das Militärische Nachrichtenwesen (MilNw). Das MilNw erfasst im gesamten Aufgabenspektrum der Bundeswehr Informationen und Erkenntnisse zu gegnerischen Kräften und Staaten sowie zu Lageentwicklungen in Einsätzen oder im Gefecht. Hierfür werden klassische nachrichtendienstliche Mittel wie beispielsweise eine Fernmeldeaufklärung (Signal Intelligence – „SIGINT“) eingesetzt. Zwar sieht sich das MilNw selbst nicht als klassischen Nachrichtendienst, gemessen an seinen Tätigkeiten und den daraus resultierenden Grundrechtseingriffen zählen wir beim BfDI aber das MilNw als vierten deutschen Nachrichtendienst auf Bundesebene.

Für all diese Bundeseinrichtungen ist der BfDI als Aufsicht über den Datenschutz zuständig.

Neben den Nachrichtendiensten auf Bundesebene gibt es auch noch 16 Landesämter für Verfassungsschutz (LfV), welche extremistische Bestrebungen innerhalb des jeweiligen Bundeslandes beobachten. Diese befinden sich häufig und intensiv mit dem BfV im Austausch und betreiben auch eine gemeinsame Datei über nachrichtendienstlich relevante Informationen. Für die LfV ist nicht der BfDI, sondern der bzw. die jeweilige Landesbeauftragte für den Datenschutz zuständig.

Gilt die DSGVO für die Nachrichtendienste?

Für die Nachrichtendienste gilt im Zusammenhang mit ihrer originären Tätigkeit – dem Sammeln und Auswerten von Informationen – nicht die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Hier gelten die jeweiligen Spezialgesetze der Nachrichtendienste, welche eigene abschließende Regelungen zum Datenschutz beinhalten. Die DSGVO findet für die Dienste nur Anwendung, wenn diese als „normale“ Verwaltungsbehörde agieren, also zum Beispiel in Bezug auf die eigenen Beschäftigten (Beschäftigtendatenschutz). Die Spezialgesetze der Nachrichtendienste sind für das BfV das Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG), für den BND das Bundesnachrichtendienstgesetz (BNDG) und für das BAMAD das Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst (MADG). Für das MilNw gibt es derzeit noch kein eigenes Gesetz, daher wird für das MilNw die DSGVO angewendet. Dies ist jedoch problematisch, da die DSGVO keine Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des MilNw beinhaltet und explizit nicht die Aufgaben und Befugnisse des MilNw regelt. So zieht das MilNw ausschließlich grundsätzliche Regelungen über die Datenverarbeitung aus der DSGVO heran. Das Schaffen einer eigenen gesetzlichen Grundlage, die konkret die Aufgaben und Befugnisse des MilNw regelt, wird seit langem durch den BfDI gefordert.

Über wen speichern die Nachrichtendienste Daten?

Die Nachrichtendienste dürfen die für die Erfüllung ihrer Aufgaben relevanten Daten speichern. Für das BfV sind dies primär Daten über verfassungsfeindliche Bestrebungen sowie Daten zur Spionageabwehr. Bestrebungen können auch von Einzelpersonen ausgehen, regelmäßig handelt es sich aber um Organisationen, welche wiederum durch Personen handeln, sodass im Wesentlichen personenbezogene Daten durch das BfV erhoben werden. Das Gleiche gilt für das BAMAD, welches verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Bundeswehr beobachtet. Auch für diesen Auftrag werden personenbezogene Daten erhoben. Der BND, der die auswärtigen Interessen der Bundesrepublik im Fokus hat, speichert Daten über Personen, die sich mit ihren Handlungen gegen die sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik stellen.

Welche Daten werden gesammelt?

Die Nachrichtendienste sammeln – im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags – neben organisationsbezogenen Daten wie Organisationsnamen, Gründungsdaten, Haupt- und Nebensitzen, Mitgliederzahlen etc. auch Daten zu Personen, die beispielsweise in Verbindung zu diesen Organisationen stehen. Es werden aber auch Daten zu Personen ohne Organisationsbezug gesammelt, wenn diese Personen durch ihre Verhaltensweisen versuchen, die Freiheit des Bundes oder eines Landes aufzuheben oder die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik beeinträchtigen. Beispiele für diese personenbezogenen Daten sind Name, Geburtsdaten, Anschriften, aber auch Beziehungen bzw. Verbindungen zu anderen beobachtungsrelevanten Personen.

 

Wie lange dürfen die Daten gespeichert werden?

Die Speicherdauer richtet sich grundsätzlich nach der Erforderlichkeit der Datenhaltung für die Aufgabenerfüllung. Sobald ein Datum nicht mehr erforderlich ist, muss es gelöscht werden. Den Nachrichtendiensten ist es jedoch erlaubt, Daten, die bei ihrer Erhebung für nachrichtendienstlich relevant beurteilt wurden, für Zeiträume von fünf bis über zehn Jahren zu speichern. Wird im Rahmen der Bearbeitung ein Datensatz zu einer Person aufgerufen, hat der Nachrichtendienst bei dieser Einzelfallbearbeitung die weitere Erforderlichkeit der Speicherung zu prüfen. Besteht keine Erforderlichkeit mehr an der Speicherung, muss der Dienst die Daten löschen. Sofern die Daten aber weiterhin benötigt werden, dürfen diese wiederum für bis zu zehn Jahre gespeichert werden.

Welche Rechte haben Betroffene?

Zwar stehen den vermeintlich Betroffenen nicht die Auskunftsrechte des Art. 15 der DSGVO zu (Ausnahme MilNw), dennoch befinden sich in den Spezialgesetzen eigene Regelungen zur Erteilung von Auskünften (§ 15 BVerfSchG, § 9 BNDG i.V.m. § 15 BVerfSchG, § 9 MADG i.V.m. § 15 BVerfSchG). Naturgemäß agieren die Nachrichtendienste heimlich und wollen sich vor Ausforschungen über die eigene Erkenntnislage schützen, daher sind die Auskunftsansprüche in den Gesetzen der Nachrichtendienste an strengere Voraussetzungen als die der DSGVO gebunden. So muss eine auskunftsersuchende Person grundsätzlich einen konkreten Sachverhalt (wie die Teilnahme an einer Demonstration) vortragen und darüber hinaus ihr besonderes Auskunftsinteresse darlegen. Der vorgetragene Sachverhalt darf jedoch nicht für die Facharbeit des Dienstes verwendet werden. Ausnahmsweise kann der Dienst die Auskunftserteilung verweigern. Die Verweigerung kann beispielsweise aus Geheimhaltungsgründen erfolgen, wenn die Erteilung der Auskunft die weitere Auftragserfüllung des Nachrichtendienstes erschweren oder unmöglich machen würde (zum Beispiel die Bekanntgabe einer Information, die eine nachrichtendienstliche Quelle enttarnen würde). Im Falle der Verweigerung der Auskunftserteilung kann die auskunftsersuchende Person Widerspruch gegen den Bescheid einlegen und sich unabhängig davon an den BfDI wenden (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 3 BVerfSchG). Diesem ist die Auskunft regelmäßig zu erteilen. Zwar darf der BfDI die erhaltenen Informationen nicht an die betroffene Person weitergeben, kann dieser aber – als unabhängige Stelle – mitteilen, ob die Beauskunftung rechtmäßig war. Der BfDI kann außerdem im Rahmen der Prüfung des Auskunftsersuchens von Amts wegen oder auf ausdrücklichen Wunsch des Petenten auch die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch die verantwortliche Stelle prüfen.  Im Falle eines Verstoßes wird der BfDI dem Sachverhalt weiter nachgehen und möglicherweise auch eine Beanstandung aussprechen.

Welche Rolle spielt der BfDI?

Der BfDI kontrolliert die Einhaltung des Datenschutzes bei den Nachrichtendiensten. Entsprechende Kontrollbefugnisse sind in den jeweiligen Gesetzen festgeschrieben (vgl. § 28 BVerfSchG, § 63 BNDG i.V.m. § 28 BVerfSchG, § 13a MADG i.V.m. § 28 BVerfSchG.). Bei der Ausübung seiner Kontrolltätigkeit ist der BfDI völlig unabhängig. Er erhält Einsicht in alle Unterlagen und Dokumente. In diesem Zusammenhang finden regelmäßig Datenschutzkontrollen der Tätigkeiten der Dienste statt. Die Dienste müssen den BfDI aber auch bei dem Einsatz neuer Systeme, welche personenbezogene Daten verarbeiten, beteiligen (Sogenanntes Dateianhörungsverfahren, § 14 BVerfSchG, § 8 BNDG i.V.m. § 14 BVerfSchG und § 8 MADG i.V.m. § 14 BVerfSchG).

Der BfDI hat diese umfangreichen Rechte vor dem Hintergrund seiner Kompensationsfunktion, welche das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Entscheidungen hervorgehoben hat. Der BfDI kompensiert, dass die Nachrichtendienste grundsätzlich im Verborgenen und heimlich agieren und die Betroffenen von diesen Aktivitäten in der Regel nichts mitbekommen, sich also nicht gegen die Maßnahmen wehren können. So sind dem BfDI beispielsweise auch auf Antrag der betroffenen Person bei einer Auskunftsverweigerung die nicht beauskunfteten Sachverhalte mitzuteilen (s.o. unter 6.).  An den BfDI können sich Betroffene aber auch jenseits des Auskunftsrechts jederzeit direkt wenden, um eine mögliche Verletzung ihrer Rechte anzuzeigen. Der BfDI geht diesen Sachverhalten sodann nach.

Anders als im polizeilichen Bereich hat der BfDI in Bezug auf die Nachrichtendienste aber keine Anordnungsbefugnis. Er kann auf Datenschutzverstöße demnach nicht mit Anordnungen reagieren, sondern muss diese bei der zuständigen obersten Bundesbehörde beanstanden. Über diese Beanstandungen berichtet der BfDI auch in seinem jährlich erscheinenden Tätigkeitsbericht. Dort wird auch ausgeführt, ob den beanstandeten Sachverhalten abgeholfen wurde.

Darüber hinaus ist es auch Aufgabe des BfDI, die Nachrichtendienste bei datenschutzrechtlichen Fragestellungen oder bei der datenschutzkonformen Umsetzung von neuen Projekten zu beraten.  So kann in vielen Fällen verhindert werden, dass datenschutzwidrige Verarbeitungen aufgenommen werden.

 

Welche Rolle spielen die anderen Kontrollorgane?

Neben dem BfDI gibt es eine Reihe weiterer unabhängiger Kontrollorgane, die die Aufsicht über die Nachrichtendienste des Bundes ausüben. Hierbei handelt es sich um das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr), welches zu jeder Wahlperiode aus der Mitte des Bundestages zur parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes gewählt wird. Dem PKGr haben die Dienste umfassend und regelmäßig über ihre allgemeinen Tätigkeiten und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu berichten.

Dann gibt es die G10 Kommission (G10), die aus zehn unabhängigen Personen besteht, die ein öffentliches Ehrenamt wahrnehmen und vom PKGr für eine Wahlperiode des Deutschen Bundestages gewählt werden, um über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen der Telekommunikation durch die deutschen Nachrichtendienste zu entscheiden.

Schließlich gibt es noch den Unabhängigen Kontrollrat (UKRat), welcher eine oberste Bundesbehörde ist, die die Rechtskontrolle der technischen Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes ausübt. Der UKRat prüft beispielsweise Anordnungen zur Ausland-Ausland Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes (Neben den zuvor genannten Kontrollorganen gibt es noch den Bundesrechnungshof, die jeweilige Fachaufsicht in der zuständigen obersten Bundesbehörde, das Vertrauensgremium des deutschen Bundestages, die Kontrolle durch die Opposition im Bundestag (insbes. Fragerechte der Fraktionen und Abgeordneten), die Kontrolle durch die Öffentlichkeit (insbes. Presseberichtserstattung) und die gerichtliche Kontrolle).

Es ist gesetzlich festgeschrieben, dass sich die zuvor genannten Kontrollorgane im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit untereinander austauschen dürfen. Dem BfDI ist dieser Austausch ein besonderes Anliegen und er steht im Kontakt zu allen hier aufgeführten Kontrollorganen.