Bonn, den 27. April 2006
Pressemitteilung 17/2006
Telefonüberwachung in die richtigen Bahnen lenken
Der Zuwachs der Telekommunikationsüberwachung im vergangenen Jahr macht nach Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar einmal mehr deutlich, dass die hierfür einschlägigen Rechtsvorschriften dringend überarbeitet werden müssen.
Die aktuellen Zahlen zur Situation der Telekommunikationsüberwachung in Deutschland, die die Bundesnetzagentur heute veröffentlicht hat, zeigen einen neuen Höchststand. So wird die Anzahl der im Jahr 2005 neu vorgelegten Überwachungsanordnungen mit insgesamt 35.015 angegeben. Im Vergleich mit dem Vorjahr entspricht dies einer Steigerung um mehr als 20 %. Seit 1995, dem ersten Jahr der Aufzeichnungen, ergibt sich eine Steigerung von mehr als 600 % in einem Jahrzehnt.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte kritisiert die erneut gestiegenen Zahlen und bedauert, dass die Appelle von Seiten des Datenschutzes in der Vergangenheit zu keiner Trendwende geführt haben. Auch die mittlerweile vorliegenden wissenschaftlichen Studien, wie etwa das Gutachten des Freiburger Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, das von der Bundesregierung selbst in Auftrag gegeben worden ist, zeigen bislang keinerlei Wirkung.
Die im Frühjahr in Brüssel beschlossene europaweite Einführung einer Vorratsspeicherung für Telefondaten entspricht der Tendenz, den Einsatz verdeckter technischer Mittel zum Zweck der Strafverfolgung immer weiter auszubauen. Die Brüsseler Richtlinie ist bis zum Sommer 2007 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen. In diesem Zusammenhang gehören dann endlich auch die Vorschriften der Telefonüberwachung, wie sie sich heute aus der Strafprozessordnung ergeben, auf den Prüfstand. Dabei muss auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit verdeckter Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere der Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung, berücksichtigt werden.