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Brüssel, den 26. März 2007

Pressemitteilung 12/2007

PNR-Workshop der Artikel 29 Gruppe in Brüssel am 26. März 2007

Auch ein zukünftiges PNR-Abkommen mit den USA muss die Grundrechte respektieren und angemessene Sicherheitsmaßnahmen gewährleisten. Das sind die wichtigsten Ergebnisse des 2. Workshops, der in Brüssel am 26. März 2007 in den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments stattfand.

Die Artikel 29 Datenschutzgruppe erörterte zusammen mit Experten auf dem Gebiet der Passagierdaten auf einem Workshop in Brüssel datenschutzrechtliche Probleme des kürzlich abgeschlossenen Interimsabkommens und eines Folgeabkommens. Sie unterstrich damit ihre konstruktive Rolle in der gegenwärtigen Diskussion zum PNR-Abkommen. Mit den Verhandlungen über ein neues Langzeitabkommen, das die Übermittlung von Millionen von Passagierdaten jährlich regelt, wurde bereits begonnen. Zu den Teilnehmern des Workshops gehörten Vertreter der Europäischen Kommission, der Fluggesellschaften, Wissenschaftler und Mitglieder des Europäischen Parlaments. Den Vorsitz der Sitzungen führte Herr Stavros Lambrinidis, der Vizepräsident des LIBE-Ausschusses des Europäischen Parlaments.

Der Workshop bestand aus drei Podiumsdiskussionen, in denen die verschiedenen rechtlichen und technischen Aspekte der Übermittlung von Passagierdaten an das US-Heimatschutzministerium (DHS) behandelt wurden.
Ziel des Workshops war es, zu einer gemeinsamen Vorgehensweise zu kommen, bei der Sicherheitsansprüche, Grundrechte und wirtschaftlichen Belange gleichermaßen berücksichtigt werden. Da immer mehr Länder die Nutzung von Passagierdaten für Strafverfolgungs- und Immigrationszwecke erwägen, sehen alle Beteiligten die Entwicklung von globalen Standards, die die Rechte der Reisenden festschreiben, als eine wesentliche Errungenschaft an.
Wirtschaftliche Aspekte müssen bei der Suche nach weiteren Lösungen ebenfalls einbezogen werden.

Alle Teilnehmer der Podiumsdiskussionen waren sich darüber einig, dass jedes weitere Übereinkommen über die Übermittlung von Passagierdaten die Grundrechte garantieren muss. Außerdem muss es technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen gewährleisten, wozu auch eine gemeinsame Überprüfung gehört. Bilaterale Übereinkommen zwischen den USA und den Mitgliedstaaten sind keine praktikable Lösung. Eine Rechtslücke muss nach Ablauf des gegenwärtigen Abkommens vermieden werden. Für alle Beteiligten ist daher die Rechtssicherheit von herausragender Bedeutung. Die angesprochenen Fragen konzentrierten sich vor allem auf die Art der künftigen Übermittlung von personenbezogenen Daten an US-Strafverfolgungsbehörden. Das gegenwärtige Interimsabkommen sieht eine Umstellung von einem „pull“-System auf ein „push“-System vor, sobald eine zufrieden stellende Lösung gefunden wurde. Die Teilnehmer betonten, dass es keine technischen Hindernisse zur Umsetzung des „push“-Systems gibt, und riefen deshalb die Vertragsparteien dazu auf, nach Wegen zu suchen, um der gegenwärtigen Situation abzuhelfen.

Die Vertreter der europäischen Datenschutzbehörden betonten auch die Notwendigkeit einer besseren Informationspolitik seitens der Reisebüros und der Luftfahrtunternehmen, da nicht alle Transatlantik-Passagiere angemessen über ihre Rechte und die Art und Weise, in der die US-Behörden ihre Daten verarbeiten, informiert werden. Es kann noch viel mehr dafür getan werden, um die Reisenden detaillierter über die Erhebung und Verarbeitung von Passagierdaten zu unterstreichen.

Einstimmigkeit bestand auch bei der Frage über die Wichtigkeit und Nützlichkeit einer gemeinsamen Überprüfung, wie sie das gegenwärtige Interimsübereinkommen vorsieht. Eine derartige gemeinsame Überprüfung würde dazu beitragen, den Reisenden Sicherheit zu verschaffen, sie könnte offene Fragen vor Abschluss des Folgeabkommens klären, und sie würde ein Signal setzen, dass die USA datenschutzrechtliche Bedenken ernst nehmen. In einer derartigen gemeinsamen Überprüfung müssten zudem Klagen von Passagieren, dass man sie unbegründet auf US-Flughäfen festhält, angesprochen werden.

Eine Diskussion konzentrierte sich auf die Auswirkung des „Automated Targeting Systems“ (ATS) auf ein künftiges Abkommen. Zur Zeit wird in den USA über ein solches System diskutiert, dass darauf ausgelegt ist, Passagiere zu überprüfen. Ein solches analytisches Mittel darf nicht zu Zwecken genutzt werden, die mit dem PNR-Übereinkommen unvereinbar sind, und Fragen zum ATS sollten in den laufenden Verhandlungen angesprochen werden.

Eine Podiumsdiskussion befasste sich auch mit der Übermittlung von Passagierdaten aus technischer Sicht, was neben rechtlichen Aspekten gleichermaßen bedeutsam ist. Als datenschutzfreundliche Lösung gilt ein Verfahren, bei dem anonymisierte Daten mit personenbezogenen Daten auf so genannten „Watchlists“ abgeglichen werden. Diese Lösung sollte als mittelfristiges Ziel in Betracht gezogen werden.

Die Ergebnisse des Workshops, dem zweiten nach einem in Rom im Juli 2004 abgehaltenen Workshop, wurden dem Europäischen Parlament bei dessen Anhörung am Nachmittag mitgeteilt. Dabei wurden sowohl PNR-Angelegenheiten als auch Fragen zur Übermittlung von Bankkundendaten an US-Behörden durch SWIFT behandelt.
Weitere Informationen über diese Anhörung finden Sie unter:

http://www.europarl.europa.eu/committees/libe_home_en.htm

Hintergrundinformation

Die Artikel 29 Datenschutzgruppe für den Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist eine unabhängige Stelle und hat beratende Funktion zum Thema Datenschutz und Privatsphäre. Sie wurde durch Artikel 29 der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG eingesetzt. Sie besteht aus Vertretern von nationalen Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedsstaaten, dem Europäischen Datenschutzbeauftragten und der Europäischen Kommission. Ihre Aufgaben sind in Artikel 30 der Richtlinie 95/46/EG und Artikel 15 der Richtlinie 2002/58/EG festgelegt. Die Datenschutzgruppe hat die Befugnis, die Fragen zur Anwendung der nationalen Maßnahmen, die unter den Datenschutzrichtlinien verabschiedet wurden, zu untersuchen, um damit zur einheitlichen Anwendung dieser Richtlinien beizutragen. Sie übt diese Aufgabe aus, in dem sie Empfehlungen, Stellungnahmen und Arbeitspapiere herausgibt.