Berlin, 8. April 2008
Pressemitteilung 14/2008
Erster Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsgesetz übergeben
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat heute dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Norbert Lammert, den ersten Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsgesetz für die Jahre 2006/2007 übergeben. Hierzu erklärt der Bundesbeauftragte:
Der freie Zugang zu den Akten und Informationen der öffentlichen Verwaltung ist ein neues Bürgerrecht. Es zu respektieren und seine Anwendung zu fördern, ist keine lästige Verpflichtung, sondern liegt ganz überwiegend auch im behördlichen Eigeninteresse. Informationsfreiheit ist ein wichtiges Element einer lebendigen Demokratie.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat heute dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Norbert Lammert, den ersten Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsgesetz für die Jahre 2006/2007 übergeben. Hierzu erklärt der Bundesbeauftragte:
Der freie Zugang zu den Akten und Informationen der öffentlichen Verwaltung ist ein neues Bürgerrecht. Es zu respektieren und seine Anwendung zu fördern, ist keine lästige Verpflichtung, sondern liegt ganz überwiegend auch im behördlichen Eigeninteresse. Informationsfreiheit ist ein wichtiges Element einer lebendigen Demokratie. Wenn die Bürgerinnen und Bürger wissen, wie staatliche Stellen handeln, fördert dies das Vertrauen in sie und führt zugleich zu einem verbesserten Verständnis von Verwaltungsabläufen. Das Informationsfreiheitsgesetz hat bereits jetzt, zwei Jahre nach seinem Inkrafttreten, ‚mehr Licht’ in die Amtsstuben gebracht. Transparenz und Offenheit des Verwaltungshandelns fördern die demokratische Meinungs- und Willensbildung. Die dadurch verbesserte öffentliche Partizipation kann und wird auch die Akzeptanz staatlichen Handelns stärken.
Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG - BGBl. 2005 I S. 2722) war am 1. Januar 2006 in Kraft getreten und hatte dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz zusätzlich die Aufgabe des Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit übertragen, an den sich jeder wenden kann, wenn er sein Recht auf Informationszugang nach dem IFG verletzt sieht.
Der heute vorgelegte Tätigkeitsbericht zieht nach zwei Jahren Informationsfreiheit auf Bundesebene eine erste Bilanz:
Zunächst haben sich die mit der Verabschiedung des IFG vielfach verbundenen Befürchtungen nicht bestätigt. Die Verwaltung des Bundes ist nicht unter einer Flut von Informationsanträgen zusammengebrochen. Der entstandene Verwaltungsaufwand hat sich nach den gemachten Beobachtungen insgesamt in Grenzen gehalten und ist zum Teil auf das Verhalten der Behörden selbst zurückzuführen, die gelegentlich durch allzu restriktive Handhabung des Gesetzes manch überflüssiges Beschwerde-, Widerspruchs- und Klageverfahren mit verursacht haben. Auch unnötige Beteiligungen Dritter, etwa von privaten Unternehmen, haben einen in dieser Form nicht nötigen Verwaltungsaufwand zur Folge gehabt. Bei einer besseren Umsetzung des § 11 IFG (Veröffentlichung der Verzeichnisse, aus denen sich Informationssammlungen ergeben, und weiterer geeigneter Informationen) ließe sich die Anzahl von Informationsanträgen sicher weiter reduzieren. In Einzelfällen hat es sicherlich Anträge gegeben - auch in querulatorischer Absicht -, die zu einem außerordentlichen Verwaltungsaufwand geführt haben oder hätten, wenn ihnen entsprochen worden wäre. In den Fällen, in denen sich die betroffenen Dienststellen vorab an den BfDI gewandt haben, ist es aber in der Regel gelungen, eine für alle Seiten gangbare Lösung zu finden.
Auch die Sorge vor unlösbaren Konflikten zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit hat sich nicht bestätigt. Den BfDI haben nur wenige Fälle beschäftigt, bei denen überhaupt der Schutz personenbezogener Daten eine entscheidende Rolle spielte, und die ließen sich mit Hilfe des § 5 IFG zufrieden stellend lösen. Auch die Antragsteller hatten nach den Beobachtungen des BfDI Verständnis für den Datenschutz Dritter und akzeptierten die dadurch bedingten Einschränkungen ihres Informationsanspruchs.
Von den Bürgerinnen und Bürgern ist das neue Gesetz angenommen worden; sie haben in vielfältiger Weise von ihrem Informationsanspruch Gebrauch gemacht, wenn auch die Gesamtzahl der Anträge mit zunehmendem Wissen um das Gesetz noch steigen wird. Da die Informationswünsche im Regelfall nicht zu begründen sind, gibt es keinen Überblick, wer aus welchen Gründen seine Rechte aus dem IFG wahrgenommen hat. Nach Eindruck des BfDI ist das Feld aber breit gestreut. Aus den behandelten Fällen ergibt sich nicht, dass bestimmte Gruppen überproportional unter den Antragstellern vertreten waren, wie etwa Unternehmen oder Journalisten.
In manchen Behörden hingegen sind die Vorbehalte gegen die Informationsfreiheit noch deutlich spürbar. Die Umstellung der öffentlichen Stellen des Bundes vom Grundsatz der Amtsverschwiegenheit auf Transparenz und Offenheit bricht mit übernommenen Verwaltungstraditionen und ist nicht überall in gleicher Weise vollzogen worden.
Während viele Behörden sich bemüht haben, den neuen gesetzlichen Regelungen zu entsprechen und Anträge von Bürgerinnen und Bürgern auf Informationszugang positiv zu bescheiden, hat es auch eine Reihe von Fällen gegeben, in denen den Vorschriften des IFG nicht entsprochen wurde. Entweder wurden die Anträge gar nicht oder nur schleppend bearbeitet oder Informationswünsche zu Unrecht unter Hinweis auf einen der zahlreichen Ausnahmetatbestände abgelehnt. Auch die Zusammenarbeit mit dem Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit war nicht immer so offen und vertrauensvoll, wie es im Bereich des Datenschutzes bislang üblich war. Konnte dies anfangs noch mit Unkenntnis und Unsicherheit im Umgang mit den neuen Vorschriften erklärt werden, so ist in jüngerer Zeit in Einzelfällen eine ablehnende Grundhaltung zur Informationsfreiheit nicht zu übersehen. In einem Fall musste wegen Verweigerung der Zusammenarbeit eine förmliche Beanstandung ausgesprochen werden (vgl. Nr. 4.6.7).
Im Berichtszeitraum ist der BfDI insgesamt in 318 Fällen schriftlich von Bürgerinnen und Bürgern angerufen worden. Hinzu kam eine Vielzahl von telefonischen Auskunftsersuchen. Bei den schriftlichen Eingaben handelt es sich allerdings nur um einen geringen Teil der Fälle, in denen Auskunftsersuchen an Behörden des Bundes gestellt worden sind. Vielen dieser Anfragen wurde entsprochen, so dass für die Betroffenen kein Anlass bestand, sich beim BfDI zu beschweren. In anderen Fällen wurde der Verwaltungsrechtsweg ohne vorherige Beteiligung des BfDI beschritten. Die im Tätigkeitsbericht dargestellten Fälle und Erfahrungen sind deswegen nur ein Teilaspekt und bilden den Umgang der Bundesverwaltung mit dem IFG nicht vollständig ab. Die Gesamtbilanz könnte deswegen positiver ausfallen als es nach dem Tätigkeitsbericht den Anschein hat, da den BfDI nur solche Fälle beschäftigt haben, in denen die Betroffenen mit dem Verwaltungshandeln nicht zufrieden waren.
Bei den inzwischen abschließend bearbeiteten Eingaben konnte der BfDI in einer Vielzahl von Fällen eine für die Petenten günstige Lösung erreichen. Die Behörden haben zum Teil ihren ursprünglichen Standpunkt revidiert und doch noch ganz oder zumindest teilweise Einblick in die begehrten Unterlagen gewährt. In bislang zwei Fällen hat der BfDI von seinem Recht aus § 12 Abs. 3 IFG i.V.m. § 24 Abs. 1, 4 BDSG Gebrauch gemacht, selbst Einblick in die verschlossen gehaltenen Unterlagen zu nehmen, um die Berechtigung der von den Behörden vorgebrachten Ablehnungsgründe zu kontrollieren. In fünf Fällen hat der BfDI eine förmliche Beanstandung ausgesprochen, die einzige ihm zur Verfügung stehende Sanktion, weil gravierende Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften festgestellt worden waren und die jeweilige Behörde nicht bereit war, einzulenken. Dabei wurde von diesem Mittel aber sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht, in zahlreichen Fällen wurde von einer Beanstandung vorerst abgesehen, um den Ausgang eines laufenden Gerichtsverfahrens abzuwarten.
In den zwei Jahren, die seit dem Inkrafttreten des IFG vergangen sind, hat sich eine Reihe von Fragen und Problemen bei der Gesetzesanwendung ergeben; insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Ausnahmeregelungen:
Ein häufiger Ablehnungsgrund ist das angebliche Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gemäß § 6 Satz 2 IFG. Die Behörden ziehen sich allerdings zu schnell hierauf zurück, ohne die betroffenen Unternehmen zu beteiligen bzw. deren Angaben zu überprüfen, oder ausreichend darzulegen, inwiefern die Offenlegung der begehrten Information zu einem konkreten wirtschaftlichen Nachteil des Unternehmens führen könnte.
Vertragliche Beziehungen zwischen einem Unternehmen und der öffentlichen Hand können und dürfen für sich genommen noch kein Geschäftsgeheimnis sein. Häufig kann hier zumindest ein teilweiser Informationszugang nach § 7 Abs. 2 IFG ermöglicht werden.
Finanz-, Wettbewerbs- oder Regulierungsbehörden berufen sich immer wieder pauschal auf den Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 1d IFG. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Bereichsausnahme für diese Behörden, sondern es ist von ihnen in jedem Einzelfall konkret dazulegen, inwiefern das Bekannt werden der jeweiligen Information nachteilige Auswirkungen auf ihre Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben haben kann.
Häufig wird ein Informationszugang auch deshalb verweigert, weil die Information einer gesetzlichen Geheimhaltungsvorschrift unterliege (§ 3 Nr. 4 IFG). Hier ist jedoch stets sorgfältig zu prüfen, wie weit solche Spezialregelungen tatsächlich reichen. Auch stellen vermeintlich „besondere“ Amtsgeheimnisse mitunter nur Konkretisierungen des allgemeinen Amtsgeheimnisses dar, so dass sie einem Informationszugang nicht entgegenstehen können. Bei als Verschlusssachen eingestuften Dokumenten sollte ein Antrag auf Informationszugang außerdem zum Anlass genommen werden, die Einstufungsentscheidung nochmals zu überprüfen. Insbesondere bei länger zurückliegenden Einstufungen kann der Geheimhaltungsgrund inzwischen entfallen sein.
- Vertragliche Vertraulichkeitsabreden dürfen nicht dazu führen, dass das IFG leer läuft. Das Gesetz kann nicht durch vertragliche Vereinbarungen umgangen werden. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 7 IFG soll nur Informanten schützen und ist wie alle Ausnahmetatbestände eng auszulegen.
Neben dem Informationsfreiheitsgesetz gewähren auch das Umweltinformationsgesetz (UIG) und das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) den Bürgerinnen und Bürgern Informationsansprüche gegen die öffentliche Verwaltung. Die Abgrenzung dieser Ansprüche ist aber schwierig und ihre Voraussetzungen und das jeweilige Verfahren unterschiedlich. Es wäre deswegen im Interesse der Menschen und der Informationsfreiheit, hier zu einer Vereinheitlichung zu kommen.